Wer bei Aged Coffee an alten Kaffee denkt, der nach langer und schlechter Lagerung jegliches Aroma und allen Geschmack verloren hat, liegt völlig falsch. Richtig ist die gedankliche Verbindung zu altem, gut gereiftem Wein. Wie bei Rebensaft sorgt auch hier der besonderen Verarbeitungsprozess und eine lange, spezielle Lagerung der Kaffeebohne vor der Röstung für die Qualität.

Lange Lagerung historisch unvermeidbar

Dieser Kaffee, der edel weil alt ist, entstand durch eine historische Unvermeidbarkeit: auf den langen Transportwegen von den Anbaugebieten in Übersee nach Europa. Der erste Kaffee, der um 1500 auf den Alten Kontinent kam, war in diesem Sinne generell Aged Coffee. Die Bohnen stammten aus Jemen und kamen auf dem Seeweg über Südafrika zu den Verbrauchern. Die Kaffeebohnen veränderten sich auf diesem langen Weg – auch durch die salzige Meerluft. Heute setzen die Kaffeeverarbeiter diesen Prozess bewusst und gezielt ein, um den Kaffee zu verfeinern. Der Geschmack verändert sich, weil die lange Lagerungszeit einen Reifeprozess in Gang setzt. Generell verliert das sensible Naturprodukt dadurch an Säure, bekommt aber im Gegenzug mehr Körper. Der Aged Coffee repräsentiert nicht die Idee, ein neues Aroma zu schaffen. Vielmehr steht dieser Verarbeitungsprozess dafür, das in den Bohnen enthaltene Aroma noch stärker hervorzuheben. Daher bevorzugen die Produzenten dafür auch Sorten, die schon von Natur aus wenig Säure und einen ausgeprägten Körper besitzen, zum Beispiel den Monsooned Malabar.

Gereift wie schottischer Whiskey

Wie der Aged Coffee entsteht, hängt von vielen Faktoren ab: der Sorte, der Anbauregion, des Landes sowie den Ideen und der Experimentierfreude der Kaffeeproduzenten. Als anschauliches Beispiel dient ein kolumbianischer Hochlandkaffee, 100 Prozent Arabica. Gelagert unter ganz besonderen Bedingungen reifen die Bohnen genauso lange, wie ein schottischer Whiskey (mindestens drei Jahre).

Aged CoffeeDie Jutesäcke befinden sich in einem völlig abgedunkelten Lager unter konstanten klimatischen Bedingungen. Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Zeitdauer und Lichteinfluss sind alles Faktoren, die auf den endgültigen Geschmack des Kaffees einwirken. Das trifft auch auf das Sackmaterial zu. Damit die Bohnen nichts von der Jute annehmen, tauschen die Produzenten die Säcke regelmäßig aus.

Nach drei Jahren Röstung und Zubereitung ist es dann soweit: Beim Genuss verbindet sich der Duft der Arabicabohne mit Noten von Kakao und fruchtigen Aromen. Auch den Crema Check besteht der heiße, schwarze Trinkgenuss: Der Schaum liegt dicht obenauf, bleibt am Löffel haften, der in die Tasse eintaucht und die Lücke schließt sich gleich wieder. Beim ersten, kleinen Schluck spürt die Zunge einen samtigen Geschmack. Dann folgt ein weiterer Schluck, den die Tester, trotz der staken Arabicabohnen, als sehr ausgeglichen beschreiben.

Veredelt im Monsoonklima

Eine ganz besondere Sorte Aged Coffee ist der Monsooned Malabar. Dieser Kaffee, 100 Prozent Arabica, wächst in Indien. Nach der Ernte setzen die Produzenten die Bohnen fünf Tage lang dem Monsoonregen aus und lassen sie anschließend sieben Wochen im Monsoonwind wieder trocknen. Im Einzelnen läuft es so ab, dass die soeben gereiften Früchte nach der Ernte zunächst verlesen werden und anschließend in einen sorgfältigen Trocknungsprozess kommen. In kleinen Trockenhäuschen auf gut belüfteten Zementböden werden sie dann in Schichten von zehn bis 15 Zentimeter Dicke dem feuchten und heißen Klima Indiens ausgesetzt.

Die Feuchtigkeit steigt dabei von zwölf bis 14 Prozent auf 16 bis 20 Prozent. Verbunden damit ist ein weiterer Effekt: Die Bohnen des Monsooned Malabar nehmen eine strohbraun-gelbliche Farbe an, das ist charakteristisch für diesen Aged Coffee. Der Kaffee kommt anschließend in Jutesäcke, die mit ausreichend Abstand voneinander lagern.

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Nur so können die Monsoonwinde gleichmäßig zirkulieren, so dass der Feuchtigkeitsgehalt in allen Säcken gleich bleibt. Alle sechs bis acht Tage werden die Bohnen umgepackt. Dies ist notwendig, um die Bildung von Schimmelpilz zu vermeiden. All diese Arbeiten nach der Ernte nehmen etwa acht bis zehn Wochen in Anspruch. Nach einer erneuten Auslese per Hand gehen die für gut befundenen, polierten Bohnen Monsooned Malabar dann in den Export.

Genussreich und fein abgestimmt

speicherstadt Indien Monsooned MalabarDieser im Monsoonklima gereifte “Speicherstadt Indien Monsooned Malabar bietet als Aged Coffee einen Genuss für alle Sinne. Der Monsooned Malabar ist auch als besonders aromatisch geschätzt: Die im Rohkaffee enthaltene Gerbsäure hat sich durch das “Monsooning” im Verarbeitungsprozess weitgehend abgebaut. Der schonend geröstete Kaffee verfügt über einen herrlich ausbalancierten Geschmack. Die Kenner empfehlen bei der Zubereitung übrigens eine Wassertemperatur von 92 – 94° C, dann entwickelt sich in der Tasse ein lang anhaltendes Aroma. Es besteht aus Tropenholz, gerösteten Kakaobohnen und Nuss. Manche Genießer betonen zudem die Abgangsnote Tabak. Dieser Aged Coffee eignet sich für alle Zubereitungsarten, weil er bei jedem gewünschten Mahlgrad alle Qualitäten zeigt.

Fazit

Was in Zeiten langer Transportwege mit Segelschiffen unvermeidbar war, ist heute ein bewusst und gezielt eingesetzter Veredelungsprozess der Kaffeeproduktion: Die Bohnen lagern kontrolliert im Klima ihrer Anbauregion und gewinnen dadurch eine besondere Qualität.

Fotos von oben nach unten: © bounlow – pic/fotolia.com, © Andreas P/fotolia.com

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