Die Vielfalt des Espresso hängt entscheidend von zwei Faktoren ab: der Espresso-Röstung und der Zubereitung. Hierbei entscheidet sich, in welche Geschmacksrichtung das fertige Getränk tendiert, maßgeblich dafür sind der Gehalt von Säure, Bitterstoffen und Koffein. So entsteht nicht nur der “kleine Schwarze”, sondern auch eine Vielfalt von Kaffeegetränken, die sich auf der Basis eines Espresso entwickeln: zum Beispiel der Caffè Americano.
Gleiche Pflanze – unterschiedlich verarbeitet
Es gibt keine Espresso-Pflanzen und auch keine Bohnen speziell für die Zubereitung über den Filter. Das Naturprodukt Kaffee ist in beiden Fällen gleich. Die Unterschiede beginnen beim Röstvorgang. Lange – inzwischen aber nicht mehr – galt die Unterscheidung: Die Espressobohne ist dunkler und glatter als die für den Filter. Im Produktionsprozess geschieht Folgendes: Mit zunehmendem Röstgrad nimmt der Säuregehalt des Kaffees ab und die fruchtigen Aroma-Nuancen treten in den Vordergrund. Dazu kommt die Art der Zubereitung.
Der Espresso ist deutlich konzentrierter und rückt die Geschmackskomponenten Säuren und Bitterstoffe in den Vordergrund. Bei den Genießern etablierte sich so der Trend, im Espresso die Bitterstoffe zu bevorzugen – nicht die Fruchtsäuren. So meint der Begriff “italienischer Espresso” vor allem den dunklen, kräftigen Geschmack. Inzwischen hat sich auch die helle Espresso-Röstung etabliert. Der “kleine Schwarze” schmeckt dann mild und süßlich, geeignet zum Beispiel für den doppelten Espresso. Daher wird die helle Röstung auch gerne für den Cappuccino genommen, der auf der Basis eines Espresso entsteht.
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Weltweiter Trend – hochwertiger Kaffee
Die Entwicklung zu hellen, schonenden Röstungen ist generell ein weltweiter Trend hin zu einem höherwertigen Kaffee. Eingebürgert dafür hat sich der Name “third wave”, weil es sich um die dritte Welle der Kaffeebewegung handelt. Geschmacklich bewegt sich das fertig zubereitete Produkt dabei in Richtung natürlicher Geschmacksnuancen wie Erdbeere oder Zitrone. Inzwischen differenzieren manche Röstereien gar nicht mehr zwischen den Bohnen für Espresso und Filterkaffee. Sie sprechen vom “sweet spot”, einem Röstgrad, der sich für beide Zubereitungsarten eignet. Die Grenze zwischen den unterschiedlichen Kaffee-Liebhabern verläuft inzwischen nicht mehr zwischen Espresso- und Filterkaffee-Fraktionen. Sie trennt die Anhänger der dunklen Röstung für nussig-schokoladigen, kräftigen Geschmack von denen der hellen Röstung: Sie mögen den fruchtigen Ursprungsgeschmack der Kaffeebohne mit spürbar mehr Fruchtsäure in der Tasse.
Koffeingehalt hoch – relativ betrachtet
Zu den hartnäckigen Fehlinformationen rund um das schwarze Genussgetränk gehört der Glaube, ein Espresso enthalte mehr Koffein als der Filterkaffee. Das ist falsch – aber nur deswegen, weil die “normale” Tasse Kaffee etwa 100 bis 300 Milliliter (ml) fasst. Wer sie leer trinkt, bringt mehr Koffein in den Körper. Die kleine Espresso-Tasse nimmt 20 bis 60 ml auf. Rechnet man den Koffeingehalt im Verhältnis zur Gesamtmenge, ist er beim Espresso allerdings deutlich größer: etwa fünfmal so hoch. Wegen der geringen Wassermenge sind hier etwa zehn Prozent Kaffee im Wasser gelöst. Beim Filterkaffee beträgt dieser Wert nur zwei Prozent.
Druckvoll schnell – langsam fließend
Es ist nicht nur der Röstvorgang, der die Unterschiede zwischen Espresso und Filterkaffee ausmacht: Es ist auch die Zubereitung. Hoher Druck, große Hitze und kurzer Kontakt zwischen Kaffeemehl und Wasser kennzeichnen die Herstellung eines Espresso. Die Kaffeebohnen dafür sind besonders fein gemahlen. Die Menge beträgt sieben bis neun Gramm für einen einfachen Espresso, zwölf bis 20 Gramm für einen doppelten. Das sind die Portionsgrößen für 20 bis 50 ml Wasser.
Diese Menge kommt in den Siebträger der Espressomaschine. Sie sorgt für eine Wassertemperatur von 90 bis 96°C und einen Druck von sechs bis neun Bar. Der Kontakt zwischen Kaffeepulver und Wasser dauert dabei nur 25 bis 35 Sekunden. Der gelungene Espresso zeigt die typische Crema an der Oberfläche. Sie entsteht, während der Kaffee mit hohem Druck extrahiert wird. Dabei treten CO2, Fette und Schwebstoffe aus, die sich oben in der Tasse als braune Schicht absetzen. Die Crema fehlt beim “normalen” Kaffee, bei dieser Zubereitung läuft das Wasser langsam und mit nur wenig Druck durch das Pulver.
Schwarzer Solist – variantenreiche Basis
Der Espresso ist nicht nur der hochkonzentrierte, schwarze Solist unter den Kaffeegetränken. Er dient auch als Basis für weitere Zubereitungsvarianten. Zum Beispiel zum Cappuccino: Dazu kommt die gleiche Menge aufgeschäumte Milch auf den Espresso. Eisgekühlt gibt es diese Variante als Espresso Frappé, püriert mit Eiswürfeln. Wer den Espresso mit einem großen Anteil an heißer Milch wünscht, ordert einen Latte Macchiato. Die Basis für den österreichischen Einspänner ist eher ein Filterkaffee, aufgefüllt mit der gleichen Menge geschlagener Sahne. Der Konsul ist die Zubereitung mit ungeschlagener Sahne. Der Pharisäer entsteht auf der Basis von Filterkaffee zusammen mit Rum, Zucker, Schlagsahne und eventuell Kakaopulver.
Fazit: auf einen Blick
Die Espresso-Röstung besitzt in der Regel einen höheren Röstgrad und betont stärker die Bitterstoffe unter den Geschmackskomponenten – nicht die Fruchtsäuren. Die Zubereitung mit hohem Druck, großer Hitze und nur kurzem Kontakt zwischen Kaffeepulver und Wasser führt zum speziellen Espresso-Geschmack.