Schon lange bevor die ersten Kaffeehäuser nach dem Abzug der Türken in Wien entstanden, lockte in Venedig das Café Florian Literaten sowie Aristokraten an und setzte den Startpunkt für den erfolgreichen Siegeszug des Kaffees. War das köstliche Heißgetränk zunächst in den Kreisen der Adligen verbreitet, eroberte es später alle Bevölkerungsschichten und war bald nicht mehr aus dem Alltag der Italiener wegzudenken. Doch wie kam der Kaffee eigentlich nach Italien und warum war er so erfolgreich? Unser kleiner Streifzug durch die Geschichte und Traditionen Italiens klärt auf, warum Italien als das Land des Kaffees bezeichnet werden kann.
Der Einzug des Kaffees
Nachdem der venezianische Mediziner Prospero Alpini die Kaffeepflanze bei einer kurzen Reise nach Nordafrika kennengelernt und in seinem “De plantis aegypty” dargestellt hatte, brachten im Jahre 1570 wohl seine Schüler die ersten Kaffeebohnen nach Europa. Unter den europäischen Adligen wurde das aromatische Heißgetränk schnell beliebt und 1624 landeten die ersten großen Schiffsladungen in Venedig. Der Kaffee gelangte zunächst vom jemenitischen Hafen Al Maqwa am Roten Meer nach Europa. Das Getränk wurde bei Aristokraten bald ein wertvolles Geschenk, das als Symbol für Liebe oder Freundschaft galt.
Kaffee in Venedig
Im reichen Venedig konnte man das Getränk auch auf öffentlichen Plätzen und ab 1720 im ältesten Kaffeehaus Europas genießen. Bis heute wird das edle Getränk im Caffè Florian an der Piazza San Marco angeboten. Aber schon bei seiner Gründung erfreute es sich großer Beliebtheit und zog berühmte Menschen, Künstler sowie Literaten an. Die Kaffeehauskultur verbreitete sich daher rasch über die gesamte italienische Halbinsel. Auch in anderen Städten wurden Kaffeehäuser gegründet und so Treffpunkte von großem Ruhm geschaffen. Es waren das Caffè Greco in Rom, das Caffè Pedrocchi in Padua und das Caffè San Carlo in Turin.
Der Kaffee wird zum Liebling der Italiener
War das teure Kaffeepulver zunächst der oberen Schicht vorbehalten, trat es nach und nach auch den Siegeszug durch alle Klassen an. Nachdem 1961 die “Caffettiera napoletana” erfunden wurde und Kaffee zu Hause zubereitet werden konnte, wurde der Kaffee in Italien vom Ruf, ein aristokratisches Getränk zu sein, befreit. Das Kaffeetrinken verbreitete sich anschließend nicht nur in allen sozialen Klassen, sondern wurde zur täglichen Gewohnheit vieler Italiener. Diese Tradition hält bis heute an.
Neapel – die Stadt und ihr Kaffee
Auch, wenn der erste Kaffee in Venedig auf italienischem Boden an Land ging, ist Neapel die Stadt Italiens, die sich bis heute wohl am meisten mit dem Kaffee identifiziert. Das köstliche Getränk scheint perfekt zum Lebensstil der Süditaliener zu passen und hat seine Spuren im Alltag hinterlassen. So gibt es in Neapel nicht nur zahlreiche Lieder zu dem heißen Getränk, sondern auch eine ganz besonders schöne Tradition:
Da man in der Stadt am Vesuv meint, der Kaffeegenuss soll allen offenstehen, bezahlen betuchtere Bürger neben ihrem Espresso auch einen “caffè sospeso”, also einen “aufgehobenen” Kaffee, der auf jemanden wartet, der sich keinen leisten kann. Zurückzuführen ist dieser Brauch auf die tief verwurzelte Kultur, die die Neapolitaner schon lange mit dem Kaffee verbindet.
Zwar waren es die Adeligen, die den Kaffee nach Neapel brachten und schon bald, nachdem die Frau des österreichischen Königs Ferdinand, Maria Karolina, das Heißgetränk erstmals im Theater zu sich nahm, das erste Kaffeehaus der Stadt errichteten. Doch dauerte es nicht lange, bis sich der Kaffee auch in der Arbeiterklasse etablierte und nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken war. Die arbeitende Klasse war es auch, die den ersten Kaffee zu Hause zubereitete und so den Mokka erfand. Dazu nutzten sie eine 1961 in Neapel erfundene Vorrichtung, mit dem man aus vier bis fünf Gramm fein gemahlenen Kaffee und reinem Wasser drei bis vier Tassen Kaffee zubereiten konnte. Die berühmte “Caffettiera napoletana” gehörte schon bald in jeden Haushalt. Es war ein Startpunkt für das Ritual, mit dem eine Tasse aromatischer Kaffee eine italienische Mahlzeit abschloss.
Kaffeehäuser in Neapel
In der traditionsreichen Stadt in Süditalien kann man bis heute viele Relikte aus der Zeit der vornehmen Kaffeehäuser mit ihren hohen Decken und der eleganten Ausstattung vorfinden oder aber seinen Kaffee ganz ungezwungen in einer der unzähligen Bars genießen.
Die Stadt ist aber auch Wiege der ersten Universität, die ganz dem Kaffee und seiner Kultur gewidmet ist. 1999 eröffnete das berühmte Kaffeeunternehmen illy, das eigentlich aus Triest stammt, die erste “Universitá del caffè”. In dem Schulungszentrum für Kaffeeproduzenten, das heute 20 Standorte besitzt, wird nicht nur geforscht und gelehrt, wie man das Beste aus dem Kaffeeanbau holen kann, sondern auch alles über die Röstung und Zubereitung des Getränks vermittelt. Eine echte Kunst für sich!
Kaffee aus Italien
Kaffeekultur auf Italienisch
Italienischer Kaffeegenuss ist eine Kunst, gar eine Wissenschaft. Da der italienische Espresso aus sehr dunkel gerösteten Bohnen zubereitet wird, bedarf es einer hohen Kunst des Röstmeisters. Nicht umsonst gibt es in dem Land noch viele kleinere, handwerkliche Röstereien (torrefazione artigianale). Sie verfügen über langjährige Erfahrung und rösten die Kaffeebohnen langsam zum gewünschten Ergebnis. Zwar geht es auch industriell – aber hier werden größere Mengen schneller geröstet und so weniger ungewollte Säuren als bei der traditionellen Langzeitröstung entfernt. Ein Problem beim Espresso, der wesentlich konzentrierter als deutscher Filterkaffee ist.
Auch wenn der italienische Espresso deutlich bitterer schmeckt und daher meist mit viel Zucker getrunken wird, ist in ihm weniger Koffein als im Filterkaffee enthalten. Grund dafür ist auch hier die Röstung, die der dunkelsten der fünf “klassischen” Röstgrade entspricht. Durch die langsame, aber stärkere Röstung entstehen mehr Bitterstoffe, der Koffein- und Säuregehalt wird dagegen gesenkt . Deshalb kann der Espresso so ein charakteristisches Aroma entfalten.
Fazit: Land des Kaffees
Die Italiener kombinieren ihren Espresso schon immer mit anderen Zutaten und haben so den Cappuccino, den Latte Macchiato und viele andere Kaffeevariante erfunden.
Wie der Italiener seinen Kaffee trinkt, ist nicht nur regional verschieden, sondern auch von persönlichen Vorlieben abhängig. So kann man in der Bar: “caffè lungo”, “caffè corretto”, “caffè nel vetro”, “caffè macchiato” und vieles mehr bestellen. Wer allerdings am Nachmittag einen Cappuccino möchte, kann durchaus mit skeptischen Blicken rechnen. Schließlich wird der Cappuccino von Italienern nur zum Frühstück getrunken. Die Mahlzeiten werden dagegen mit einem Espresso, der höchsten “befleckt” – also “macchiato” – sein kann, beschlossen.
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