Microlot Kaffeeplantagen bilden das Gegenteil der großen Kaffeeplantagen mit ihrem industriell geprägten Kaffeeanbau. Das Wort bedeutet sinngemäß kleines Lot – wobei Lot das Wort für eine alte Gewichtseinheit darstellt. Das trifft es genau, denn Microlots produzieren oft nur wenige hundert Kilogramm Kaffee pro Jahr – doch die sind von ausgezeichneter Qualität und erzielen gute Preise. Die Anbauer übernehmen dabei in der Regel die weitere Verarbeitung nach der Ernte. Sie besitzen eine hohe emotionale Bindung an die zumeist hochwertigen Arabica-Kaffees.
Familienwirtschaft garantiert Qualität
Der Kaffeeanbau auf Microlots liegt überwiegend in den Händen von Familien oder Kooperativen. Sie kennen die Witterungs- und Wachstumsbedingungen ihrer Anbauflächen und arbeiten zumeist unter guten ökologischen und sozialen Bedingungen. Nur so entsteht der bisweilen sehr ausgefallene Kaffee, der auch per Hand weiterverarbeitet wird – und das alles bei strenger Qualitätskontrolle. Gelingt den Bauern eine ganz besondere Aromanote des Kaffees, wird sie vom Cup of Excellence ausgezeichnet. Die Sorte gelangt dann auf eine Auktion, wo pro Kilogramm Preise im hohen zweistelligen US-Dollarbereich zustande kommen.
Die Microlot-Kaffeekultur ähnelt dem Umgang mit besonders edlen und teuren Weinen: Beide Genussgetränke stammen in dieser Qualität aus begünstigten Lagen und gehen zur Verarbeitung durch die Hände erfahrener Spezialisten. Für die kleinen Bergfarmen im Kaffeeanbau steckt darin ihre Existenzgrundlage: Sie können nicht durch Masse überzeugen, sondern nur durch Qualität. Die beginnt schon beim Anbau und der Ernte, wo nur die besten Kaffeekirschen in einen separaten Verarbeitungsablauf kommen. Der Kaffee entstammt dabei speziellen Hochlandlagen und wächst unter einzigartigen, mikroklimatischen Bedingungen. Davon profitieren auch die Verbraucher, denn nur unter solchen Bedingungen entstehen seltene Arabica-Sorten, deren Anbau und Verarbeitung auch wirtschaftlich Sinn machen.
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Abseits der großen Handelsströme
Microloft-Kaffee kommt abseits der großen Kaffee-Handelsströme an die Verbraucher. Es ist harte, individuelle Kleinarbeit von Szenekennern, die ihn aufspüren und auf den Weg zu den Genießern bringen. Häufig handelt es sich bei Microloft um eine Ernte im Umfang von 40 oder 20 Säcken, im Extremfall sind es nur zweieinhalb.
Sie enthalten – je nach Herkunftsland – 60 oder 69 Kilogramm Kaffee. Wie wenig das ist, wird deutlich beim Blick auf die Verschiffung. Ein Container fasst in der Regel zehn Paletten mit je zehn Säcken Kaffee – also etwa 100 Stück.
Ein Beispiel aus Brasilien verdeutlicht, welches Engagement nötig ist, um auch nur einen Container mit den hochwertigen Produkten dieser kleinen Anbauer zu füllen. So reiste Justin Miles auf den Spuren der Microlot-Plantagen zwei Monate lang durch Lateinamerika, um die Menge für nur einen Container einzukaufen.
Bekannte Sorten und Hidden Champions
Kaffeekenner wissen, welche Sorten mit Microlots gemeint sind, zum Beispiel der Hawai Kona Extra Fancy oder der Jamaika Blue Mountain. Der Cup of Excellence-Wettbewerb bietet jedoch gerade für Kleinstbauern immer wieder die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Dieser Erntewettbewerb sucht sich jedes Jahr in einer Anbauregion aus mehreren hundert Microlots die Top Ten aus. Aktuell schwören Kenner auf Sorten aus Costa Rica und Kenia wie Scotlab 28-Arabica, Villa-Lobos-Arabica und Venezia-Arabica. Sie entstehen absolut sortenrein, auf Möglichkeiten wie eine spezielle Trocknung in Honig verzichteten die Anbauer.
Kritiker bezeichnen diese Sorten als vollmundig und faszinierend sauber bei der frisch aufgebrühten Zubereitung. Bei lauwarmem Genuss loben sie den zarten, bitteren Geschmack mit den Aromen von Cassis, Orange und Karamell.
Verarbeitungsmethoden und Röstung
Die Microloft-Sorten durchlaufen nach der Ernte manchmal eine sehr experimentierfreudige Weiterverarbeitung. Auch die Röstereien probieren dabei gerne ihr handwerkliches Können aus auf der Suche nach neuen Erfahrungen. Bei einigen zentralamerikanischen Kleinanbauern reift der frisch geerntete Kaffee in Fässern beispielweise unter Luftabschluss nach.
Das führt manchmal zu einem Qualitätsverlust, im Erfolgsfall jedoch zu einem außergewöhnlichen Genussprofil. Die Kritiker sprechen von einem Espresso mit vollmundigem Körper, bei dem ein geheimnisvoller Blaubeergeschmack durchschimmert, der im Abgang ein Zartbitteraroma enthält.
Methoden für Ausbau und Nachreife beschäftigen immer wieder die Kaffeeproduzenten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Kaffeekirsche mit ihrem Fruchtfleisch einen nicht zu unterschätzenden Zuckeranteil besitzt. Daher beginnt in dem feuchtheißen Klima der Tropen direkt nach dem Pflücken ein natürlicher Fermentierungsprozess, der den späteren Kaffeegeschmack möglicherweise beschädigt. Erntezeitpunkt, Transportzeitspanne und der richtige Zeitpunkt zur Fruchtfleisch-Entfernung sind daher immer aktuelle Themen.
Trocknen die Kaffeekirschen mit dem Fruchtfleisch, entsteht eine andere Geschmacksrichtung, als wenn sie vor dem Trocknen entpulpt werden. Auch dabei befinden sich die Kaffeebohnen noch in einer soliden Schale, dem Pergamino: Es sitzt direkt unter dem Fruchtfleisch. Für diese verschiedenen Methoden entwickeln sich neue Szenebegriffe. Yello Honey bedeutet, dass nur noch wenig Fruchtfleischrest beim Trocknungsprozess am Pergamino sitzt, Red Honey ist die Bezeichnung für mehr Fruchtfleischreste. Wird der Kaffee nach der Ernte komplett entpulpt, handelt es sich um einen Clean Strip.
Microlot-Kaffee: kurz und kompakt
- Microlot-Kaffee wächst in kleinen Anbaugebieten mit nur geringen Mengen, erzielt aber wegen seiner außergewöhnlichen Qualität hohe Preise.
- Das spezielle Mikroklima und die besondere Verbundenheit der Familienbetriebe oder Kooperativen mit ihrer Plantage schaffen diesen Genuss.
- Dazu tragen auch die experimentierfreudigen Verarbeitungsformen und die Spürnasen der Spezialisten bei, die mit viel Geduld und großem Aufwand nach diesen Kleinanbauern suchen.
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