Arabica zählt als die edelste Kaffeebohne. Sie prägt den Geschmack nahezu sämtlicher Spitzenkaffees, obwohl gerade einmal 5% ihrer Bohnen als hochwertig gelten. Zeitweise lag das Schicksal dieser Pflanze buchstäblich in den Händen eines einzelnen Mannes, der sie mit seinem eigenen Leben schützte. Wie Typica, die Urform der Arabica Bohne, heute noch genossen werden kann, erfahren Sie hier.
Typica – der Kaffee des französischen Königs
Die Kaffeepflanze existiert in 124 Arten, von denen gerade einmal eine Handvoll kultiviert sind. Nur zwei dieser Arten, Robusta und Arabica, besitzen eine wirtschaftliche Relevanz, wobei Arabica-Bohnen als die deutlich edleren Kaffeebohnen gelten. Aus der Ur-Pflanze des Arabica-Kaffees entwickelten sich durch unterschiedliche Kultivierungen zwei Varietäten: Typica und Bourbon. Typica-Pflanzen bringen rund 20 – 30 % weniger Ertrag ein, gegenüber der Bourbon-Pflanze.
Das dürfte mit der Grund dafür sein, dass der Typica-Kaffee in seiner Urform weniger Beachtung erfuhr und erst heute wegen des hochwertigen Geschmacks von den weltweiten Kaffeeproduzenten wiederentdeckt wird. Biologisch betrachtet weist Typica die geringste genetische Diversität von allen Kaffee-Arten auf. Eine Tasse Typica-Kaffee kommt also dem Geschmack am nächsten, der vor 300 Jahren die Tassen am französischen Königshof füllte, als Ludwig der XIV. die erste Kaffeepflanze sein Eigen nannte.
Von den Ursprüngen des Kaffees
Folgen wir der Historie der Arabica-Pflanze in die Vergangenheit, finden wir den Ursprung der Coffea arabica im Jemen. Als Europa während der Kolonialzeit auf den aromatischen Muntermacher aufmerksam wurde, versuchten zwei Kolonialmächte den Kaffee in ihren äquatorialen Kolonien anzupflanzen. Frankreich startete Anpflanzungen mit der Varietät Bourbon auf der Insel La Reunion (vormals Bourbon), wogegen Holland die Varietät Typica auf der niederländischen Insel Java anpflanzte. Von Java aus überlebte 1706 eine einzelne Pflanze den Transport nach Europa und landete im botanischen Garten von Amsterdam. Diese einzelne Pflanze, genetisch nahezu identisch mit der Urpflanze im Jemen, forderte Frankreichs Sonnenkönig 1710 als Kriegsentschädigung ein.
Die weitere Geschichte könnte aus einem Roman von Herman Melville stammen. Um diese Kaffeepflanze auf der Insel Martinique anzupflanzen, verteidigte Marineoffiziers Gabriel-Matthieu de Clieu 1723 die fragile Pflanze buchstäblich mit seinem Leben.
Erst versuchten Piraten der kostbaren Beute habhaft zu werden, dann musste de Clieu seinen eigenen Trinkwasservorrat mit dem jungen Grün teilen, als sein Schiff, die “Dromedaire”, in eine nervenzerreibende Flaute geriet.
Dieser einen Pflanze aus Java und dem mutigen Einsatz eines einzelnen Mannes ist es zu verdanken, dass in den französischen Kolonien der Grundstock für den Kaffeeanbau mit der Arabica-Bohne gelegt werden konnte. Durch Auslese und Kreuzungen züchteten findige Kaffeeproduzenten im weiteren Verlauf aus der einzelnen Typica-Pflanze robuste und ertragreiche Sorten. Der ursprüngliche Typica-Kaffee wird heute jedoch nur noch an sehr wenigen Orten angebaut.
Bronze im Aussehen und beerig im Geschmack
Typica-Kaffe ist leicht zu erkennen. Junge Blätter der Pflanze präsentieren sich in schimmernden Bronzetönen, ganz im Gegensatz zum hellen Grün anderer Kaffeevarietäten. Ausgewachsene Kaffeebäume erreichen eine Höhe von bis zu 4,5 Metern und überragen damit die Bäume der meisten anderen Kaffeevarietäten. Auch im Wuchs unterscheidet sich die Typica, denn im Gegensatz zum 60°-Winkel der Bourbon-Pflanze wachsen ihre Seitenäste nahezu horizontal.
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Die Kaffeekirschen zeigen sich in gewohnten Rottönen und nicht wie die Bourbon-Kirschen in Färbungen von gelb bis orange. Dafür sind sie etwas länglicher, fast schon oval. Die gerösteten Kaffeebohnen weisen die charakteristische geschwungene Kerbe aller Arabica-Bohnen auf.
Ihr geringer Ertrag ist wahrscheinlich der einzige Grund, weswegen diese Kaffeepflanze nur in wenigen Gebieten überhaupt noch produziert wird, denn beim Geschmack sind sich die Experten einig: er ist fantastisch. Im Flavour-Profil des Typica-Kaffees stehen die beerigen Töne mit einer leichten Brombeernote im Vordergrund, deren fruchtig, frische Säuren einen schwungvollen Kaffee ergeben und das bei geringem Koffeingehalt. Ausgeprägt süß und rein schmeckt der Kaffee aus dieser Rarität.
Typica, die wandelbare Mimose
Nahezu alle Typica-Pflanzen leiden unter dem wirtschaftlichen Nachteil, anfällig gegenüber Krankheiten, Schädlingen und die für den Boden sonst eher förderlichen Nematoden (Fadenwürmer) zu sein. Einzig die beiden Linien “Guatemala” und “Blue Mountain” zeigen sich etwas resistenter. Gerade einmal gering bis mittel sind die Ernteerträge bei allen Typica-Pflanzen. Dafür liebt Typica jedoch Anbaugebiete in großen Höhen und kommt mit weniger Niederschlag als die Bourbon-Linie aus.
Woraus Kaffeeproduzenten in Zukunft hoffentlich noch viel Nutzen ziehen werden, ist der unendliche Wandlungsreichtum der Pflanze. Wie ein Chamäleon, das sich nach seiner Umgebung färbt, ändert Typica den Geschmack ihrer Früchte nach Untergrund, auf dem sie gedeiht.
Auf Ferralsol (eisen- und aluminiumhaltigem Boden) bildet die Pflanze Bohnen mit fruchtigen Aromen und feinem Säureprofil aus, während sie auf vulkanischen Böden Nusstöne hervorbringt, die an exotische Gewürze erinnern. Wer weiß, was ein mutiger Kaffeebauer mit ein wenig Experimentierfreude noch aus der Pflanze herauszuholen vermag.
Varietäten der Typica-Pflanze und deren Anbaugebiete
Als sortenreinen Typica-Kaffee gibt es fast nirgendwo Nachkommen der Ur-Pflanze zu kaufen. So nutzen viele Kaffeeproduzenten Varietäten der fruchtigen Bohnen als Beigabe in ihren Mischungen. Im Folgenden finden Sie eine Liste der bekanntesten Typica-Varietäten und deren Herkunft:
- Arabigo – ganz Amerika
- Arusha – Tanzania, Papua-Neuguinea
- Bergendal – Indonesien
- BlawanPasumah – Ost-Java, Indonesien
- Blue Mountain – Jamaika, Kenia, Hawaii, Haiti, Papua-Neuguinea, Kamerun
- BLP – Indonesien
- Criollo – Südamerika
- Chickumalgur – Indien
- Guatemala – Guatemala
- Jamaique – Kamerun
- JavaTypica – Indonesien
- Kent – Indien
- Kona – Hawaii
- Maragogype (Elefantenbohne) – Brasilien
- Pache Comum – Guatemala
- PlumaHidalgo – Mexiko
- San Bernardo – Brasilien
- San Ramon – Brasilien
- Sidikalang – Indonesien
- Sumatra – Brasilien
- Villa Lobos – Costa Rica
Kurzes Fazit:
Alle Typica Varietäten:
- bestizen eine geringe genetische Diversität
- stammen von einer einzelnen Pflanze ab
- bieten hohe Qualität aber geringe Ausbeute
- offerieren exzellenten, fruchtigen Geschmack
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